Ernährung, Lebensstil und Menopause

 

Mit Eintritt in die Wechseljahre kommt es durch die sinkenden Östrogenspiegel zu einer Reihe von Veränderungen im Stoffwechsel. Eine Verschiebung des Körpergewichts und der Körperzusammensetzung hin zu vermehrtem Bauchfett, charakterisiert durch einen Taillenumfang ab 80 cm, geht mit einem Anstieg des Blutdrucks, Veränderungen im Lipidprofil und einer Insulinresistenz einher, häufig in Form eines metabolischen Syndroms. Mit zunehmendem Alter, steigendem Gewicht und der Entwicklung einer zentralen Adipositas erhöht sich in der Folge das Risiko für Diabetes Typ 2, Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems und für zahlreiche bösartige Neubildungen, darunter Brustkrebs, Darmkrebs und Eierstockkrebs.

 

Gesunder Lebensstil – Effekte gehen über klassische Risikofaktoren hinaus

Eine gesundheitsförderliche Ernährung, körperliche Aktivität, Rauchverzicht und Stressreduktion können das individuelle Risiko erheblich modifizieren. Die Effekte gehen dabei weit über die Beeinflussung klassischer Risikofaktoren wie gewichtsassoziierte Parameter, Blutdruck, Blutzucker und Lipidprofil hinaus. Nachgewiesen wurden bereits Einflüsse auf Entzündungsmarker und das Darmmikrobiom sowie Interaktionen mit Genen und die Länge der Telomere als ein Marker für gesundes Altern. Aber bereits viele jüngere Frauen sind durch einen ungesunden Lebensstil charakterisiert. Auch schwangerschaftsbedingte Komplikationen sind zumindest in Teilen durch einen ungesunden Lebensstil mitbedingt und weisen auf ein hohes Langzeitrisiko der Frau für Herz-Kreislauf-Erkrankungen hin. Je schlechter die Ausgangslage, desto wichtiger erscheint es, Patientinnen vor Eintritt in die Wechseljahre im Beratungsgespräch zu Lebensstiländerungen zu motivieren und die Möglichkeiten und Chancen der persönlichen Einflussnahme auf Risikofaktoren klar hervorzuheben. Das gilt umso mehr, als aktuelle Untersuchungen darauf hinweisen, dass Patientinnen im Hinblick auf das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen aber auch Darmkrebs grundsätzlich von einem gesunden Lebensstil profitieren, also unabhängig von der Höhe des genetischen Risikos.

 

Sinkender Energiebedarf und Bewegungsmangel – Gewichtsanstieg vorprogrammiert

Mit zunehmendem Lebensalter kommt es zum Abbau der Muskelmasse und einer vermehrten Speicherung von Fettgewebe im Bauchbereich, der zentralen Adipositas. Das gilt insbesondere angesichts des Rückganges der körperlichen Aktivität und in Verbindung mit den sinkenden Östrogenspiegeln. Zwischen dem 25. und 60. Lebensjahr reduziert sich bei Frauen der tägliche Energiebedarf durchschnittlich um etwa 400 kcal. Hinzu kommt der Einfluss von Stress, der über verschiedene Mechanismen den Appetit steigern kann und die Entstehung einer viszeralen Adipositas fördert. Spätestens ab dem 50. Lebensjahr ist die Mehrheit der Frauen von Überwicht und zentraler Adipositas betroffen. Aber auch ohne Übergewicht kann sich eine zentrale Adipositas entwickeln, die sogenannte normal weight-obesity. Frauen mit Normalgewicht und zentraler Adipositas haben ein besonders hohes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, werden im Beratungsgespräch allerdings oft nicht als Risikopatientinnen wahrgenommen. Ein ungesunder Lebensstil geht häufig schon vor der Manifestation von Risikofaktoren mit einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität und der Leistungsfähigkeit einher.

 

Ernährung und Lebensstil ändern – die Erfolge sind messbar

Studienergebnisse und Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass sich der vielfach zu beobachtende Anstieg von Körpergewicht und Taillenumfang ganz wesentlich durch eine Verringerung der Energieaufnahme, regelmäßige intensive körperliche Aktivität und falls notwendig Entspannungstechniken beeinflussen lässt. Bei übergewichtigen postmenopausalen Frauen kann eine Gewichtsreduktion dazu beitragen, Hitzewallungen zu reduzieren. Um erfolgreich Gewicht zu verlieren, müssen in der Regel täglich mindestens 400 Kalorien eingespart werden – mit erheblichen individuellen Unterschieden. Zusätzlich sollte die Alltagsaktivität auf 10.000 Schritte pro Tag gesteigert und an 2-3 Tagen in der Woche Sport getrieben werden. Körperliche Aktivität ist nicht nur unumgänglich zum Erhalt der Muskulatur in Phasen der Gewichtsreduktion, sondern unterstützt die Gewichtsreduktion durch den erhöhten Energieverbrauch und hilft das erreichte Gewicht langfristig zu stabilisieren. Darüber hinaus wird nach körperlicher Aktivität das Sättigungsgefühl bei Mahlzeiten stärker wahrgenommen, Stress reduziert und der Appetit-Impuls verringert. Dieser Aspekt ist wesentlich, weil hormonelle Mechanismen mindestens noch 1 Jahr nach der Gewichtsreduktion Hungergefühle und Essverlangen steigern und damit langfristig den Erfolg der Gewichtsabnahme konterkarieren können.

 

Lebensstilveränderung – kleine Schritte und realistische Ziele weisen zum Erfolg

Häufig schätzen Patientinnen ihre körperliche Aktivität sowie den Umfang und die Qualität der Nahrungsauswahl falsch ein. Hilfreich ist deshalb das Ausfüllen von mehrtätigen Ess- und Bewegungsprotokollen. Fotos der eigenen Mahlzeiten und Getränke stellen eine sinnvolle Ergänzung dar und ermöglichen es, den Außer-Haus-Verzehr einfach und vollständig zu dokumentieren. Was zählt, ist der Wochendurchschnitt. Gelegentliche Ausrutscher im Essverhalten sind völlig normal, sollten allerdings durch Einsparungen an anderer Stelle oder vermehrte körperliche Aktivität kompensiert werden. Ein derart flexibles Essverhalten ist in der Praxis der beste Garant, Veränderungen im Ernährungsverhalten langfristig zu etablieren. Rigide Esskontrollen sind dagegen nicht zielführend. Ernährungsempfehlungen in den Wechseljahren sollten – unter Berücksichtigung der individuellen Vorgaben – auf eine energiekontrollierte Kost mit hoher Mikronährstoffdichte abzielen. Das kann in der Praxis am besten durch eine pflanzliche ballaststoffreiche Kost mit höherem Anteil an Gemüse, Salat, Hülsenfrüchten und Vollkorngetreide, Fisch statt rotem Fleisch, frischem Obst anstelle von Süßwaren, Alkohol nur in Maßen und pflanzlichen Ölen wie Rapsöl und Olivenöl erreicht werden.

Zuletzt aktualisiert am 12.11.2019


Prof. Dr. oec. troph. Birgit-Christiane Zyriax

Universitätsprofessur für Hebammenwissenschaft, Versorgungsforschung und Prävention
Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDR),
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf